Faszination Weltraum

Die Schattenseiten des wachsenden
Verkehrs ins All

Erdumlaufbahn, zivile Raumschiffe mit Text verortet: "SpaceShipTwo (Virgin Galactic)" und "New Shepard (Blue Origin)"
Erdumlaufbahn, zivile Raumschiffe mit Text verortet: "SpaceShipTwo (Virgin Galactic)" und "New Shepard (Blue Origin)"
Erde im Anschnitt, Entfernungen zur Erde verschiedener Objekte mit Text verortet: „SpaceShipTwo“/Virgin Galactic; Start: 11.07.2021; Höhe: ca. 86 km //  „New Shepard“/Blue Origin; Start: 20.07.2021; Höhe: ca. 106 km; „Kármán-Linie“ Abgrenzung zwischen Luft- und Raumfahrt; Höhe: 100 km // ISS; Seit 1998 im All; Höhe: 400 km
"SpaceShipTwo" und "New Shepard" ziehen Wolke hinter sich
"SpaceShipTwo" und "New Shepard" kreisen um Erde

Erst Richard Branson, dann Jeff Bezos – die milliardenschweren Unternehmer sind mit einer kleinen Gruppe Tourist*innen ins All gereist. Die Nachfrage nach weiteren Kurztrips ist nach Angaben der Betreiber groß.

Welche Folgen hat der zunehmende Verkehr im All für unseren Orbit?

Im Gegensatz zu Forschungssatelliten fliegen die Raumschiffe für Tourist*innen in vergleichsweise geringen Höhen in der Erdumlaufbahn.

Die meisten zivilen Trägerraketen verbrennen für den Start Wasserstoff und Sauerstoff, sodass die entstehenden Emissionen im Vergleich zur Luftfahrt unbedenklich sind, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Aktuell gibt es noch wenige Reisen ins Weltall.

Die zivile Raumfahrt entwickle sich zudem nur sehr langsam, sodass in naher Zukunft nicht mehrere hundert Flüge pro Monat zu erwarten seien.

Ein Satellit ist in 1.200 km Entfernung zur Erde im All zu sehen
Müll schwirrt auf der erdnahen Umlaufbahn
Müllteile schweben im All. Wir sehen alte Satelliten. An ihnen verortet sich „inaktive Satelliten, Raketenteile“.
Müllteile schweben im All. Daran textlich verortet "Lack-Absplitterungen", "Isolierstücke inaktiver Satelliten"
Müllteile schweben im All. Textlich daran verortet "Aluminiumpulver"
Müll im Weltall in 1.200 km Entfernung
Müll im Weltall in 1.200 km Entfernung
Mehr Müll im Weltall in 1.200 km Entfernung
viele Satelliten nebeneinander in 1.200 km Entfernung
Mehr Müllteile im All in 1.200 km Entfernung

Bei touristischen Reisen in den Weltraum entsteht aktuell kein Müll, im Gegensatz zur Weltraumforschung.

Diese soll zwar unter anderem zu Erkenntnissen des Klimaschutzes beitragen, kämpft aber mit folgendem Problem: Jeder Flug verursacht Müll. 

Ausgediente Satellitenmodule, Raketenstufen und Schrottteilchen schwirren etwa 1.200 km von der Erde entfernt durch den Orbit.

Mehr als 9.500 Tonnen* davon gibt es allein in der erdnahen Umlaufbahn.

Das entspricht etwa dem Gewicht von 17 Airbus A380 – dem größten Passagierflugzeug der Welt.
* Gewicht auf der Erde

Über 30.000 Objekte sind größer als zehn Zentimeter.

Etwa 900.000 Objekte sind größer als ein Zentimeter.

Circa 150 Millionen dieser Fragmente sind laut ESA größer als ein Millimeter.

Müll, der sich rasend schnell bewegt:

Er kann Geschwindigkeiten von bis zu 7.800 Meter pro Sekunde (~28.000 km/h) erreichen.
Im Vergleich: Die Schallgeschwindigkeit auf der Erde beträgt 343,2 Meter pro Sekunde.

Seit dem Start des ersten Erdsatelliten Sputnik 1 im Jahr 1957 hat die Zahl der Objekte im All immens zugenommen.

„Weltraummüll ist eine große Bedrohung für die nachhaltige Nutzung des Weltraums als Ressource. Der Weltraum ist eine kostbare und limitierte Ressource.“ 
Tim Flohrer, Leiter des ESA-Büros für Raumfahrtrückstände, 20.04.2021

Durch die immens steigende Menge an „Weltraumschrott“ werden Kollisionen mit Satelliten und Raketen immer wahrscheinlicher.

Schon eine einzige Kollision im Weltraum erzeugt tausende kleine Trümmerteile, die in der Lage sind, einen funktionierenden Satelliten zu beschädigen oder zu zerstören.

Erstmals passierte dies 2009, als ein russischer und ein US-amerikanischer Satellit kollidierten.

Ein weiteres Problem sind sogenannte „Mega-Konstellationen“. Dabei können mehrere hundert Satelliten gleichzeitig ins All gebracht werden. 

Durch die große Zahl neuer Satelliten kann es zu Kollisionen mit Weltraummüll kommen, bei denen viele neue Trümmer entstehen.

Außerdem verändern diese Konstellationen weltweit das Aussehen unseres Nachthimmels.

Da es keine internationalen Weltraumgesetze zur Entfernung des Schrotts im All gibt, werden teilweise funktionsunfähige Satelliten momentan auf sogenannten „Friedhofsbahnen“ entsorgt.

Friedhofsbahn

Wegen der möglichen Rest-Energie der entsorgten Objekte kann es jedoch zu Explosionen kommen.

Dadurch werden kleine Fragmente zurück in die vorherige Umlaufbahn geschleudert und sind erneut eine Gefahr für die funktionsfähigen Flugobjekte.

Wir scrollen näher an die Erde, sehen eine Rakete in 800km Entfernung
Ein Satellit schwebt in 80 km Entfernung zur Erde
Äußere Teile lösen sich ab. Text verortet: „Aerodynamische Kräfte reißen äußere Teile ab“
Bauteile und Materialien schmelzen
Teile aus Titan oder Glas bleiben übrig
kleine geschmolzene Teile, Text verortet: kühlen ab und fallen auf die Erde, meist in den Ozean.
Erde mit umherschwirrendem Müll
Die Erde aus 1.200 km Entfernung

Ein zusätzliches Problem sind die Antriebsraketen, die Satelliten ins All befördern.

Sobald der Satellit in seiner Umlaufbahn ist, bleiben diese unkontrolliert in der Flugbahn der anderen Satelliten.

Doch welche Lösungen gibt es für den Weltraumschrott?

Eine kurzfristige Lösung:
Raumstationen versuchen, einige Objekte kontrolliert in die Erdatmosphäre zurückzuführen.

Titanteil, das sich in Richtung Erde bewegt hat

Obwohl Entsorgungs-
möglichkeiten da sind, werden diese kaum genutzt.

Um die Umlaufbahnen jedoch nachhaltig zu schützen, schlägt die ESA drei Maßnahmen für Raumfahrtschrott vor:

 1)	(Telescop-Icon) Aktive Raumfahrzeuge beobachten und so Kollisionen vermeiden   2)	(Batterie Icon) Restenergie durch Ablassung von Treibstoff, Ausblasung der Drucktanks oder dem Entladen von Batterien freisetzen, um Explosionen zu vermeiden   3)	(Icon Rakete) Objekte maximal 25 Jahre nach Abschluss einer Mission in den niedrigen Umlaufbahnen verweilen lassen, um dann durch das Eintreten in die Erdatmosphäre den gezielten Absturz herbeizurufen.

Außerdem plant die ESA 2025 die erste Müllabfuhr im All:

Die Mission „ClearSpace-1“ soll mit Greifarmen defekte Satelliten und größere Trümmer einsammeln und aus der Erdumlaufbahn entfernen.

Ziel ist dabei nicht, alle Trümmer zu beseitigen, sondern erstmal die großen, kritischen Schrottteile, die bei einer Kollision weitere hunderttausend kleine Teile verursachen, zu entfernen.

Seit Kurzem hat auch die Bundeswehr ein Weltraumkommando gestartet.

Ihre Aufgabe unter anderem: die Müllsituation im All überwachen.

Quellen:
AAS; Airbus; Blue Origin; Bundeswehr; Bundeswirtschaftsministerium; DLR; ESA; FAA; FAI; NASA; Virgin Galactic

Redaktion:
Jennifer Werner, Robert Meyer

Im Auftrag des ZDF:

Autorin:
Marielle Klein

Design:
Jens Albrecht, Mischa Biekehör