Umweltkriminalität

Die wachsenden Verbrechen an der Natur

Die Natur ist für Kriminelle ein lukratives Geschäft: Schätzungen zufolge werden durch Umweltkriminalität jedes Jahr zwischen 110 und 281 Milliarden US-Dollar an illegalen Gewinnen erzielt.

Das macht Umweltkriminalität zum viertgrößten Verbrechen weltweit – nach Drogenhandel, Fälschungskriminalität und Menschenhandel.

Weil die Natur oft nicht die höchste Priorität für den Zoll hat, kann sie die perfekte Schmuggelware für eine Mafia-Organisation werden.
Alexander von Bismarck, Environmental Investigation Agency

Umweltkriminalität nutzt die gleichen Routen, auf denen auch illegal Menschen, Waffen und Drogen transportiert werden. Über Länder und Kontinente hinweg geht sie oft Hand in Hand mit anderen Straftaten wie Korruption, Geldwäsche, Passbetrug.

Scheinfirmen und Briefkastenfirmen illustrieren eigentlich das Grundproblem im Welthandel. Man kann mit absolut illegaler Ware anfangen. Und dann irgendwann hat man eine Scheinfirma, und die Namen ändern sich. Und irgendwann sagen die Besitzer einer Firma: ‚Ich hatte keine Ahnung. Es ist ein Fisch – ein legaler Fisch. Ich wusste es nicht.‘
Alexander von Bismarck, Environmental Investigation Agency

Und so steigen die Umweltverbrechen jedes Jahr und sind eine ernste Bedrohung – für das tägliche Leben, den Planeten und künftige Generationen.

Beispiel: Das illegale Fischen

Fisch und Fischprodukte gehören zu den am meisten gehandelten Lebensmitteln weltweit.

Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation stammen etwa 20 Prozent des international gehandelten Fisches aus illegaler Fischerei, der sogenannten IUU-Fischerei – wobei die Zahlen regional sehr stark schwanken.

Überall, wo gefischt wird,
wird auch illegal gefischt.
Alexander von Bismarck, Environmental Investigation Agency

Aber wie kann illegaler Fischhandel entstehen?

Umweltverbrecher wollen illegal gefangenen Fisch in einen legalen Kreislauf integrieren. Dazu nutzen sie unter anderem das sogenannte Transshipment.

Weit weg von der Küste wird hier Fischfang von einem kleinen Schiff auf ein Kühlschiff umgeladen.

Das macht eine Kontrolle schwieriger. Illegal gefangener Fisch kann mit legaler Fracht gemischt werden. Somit kann es dazu kommen, dass die Herkunft nicht mehr nachvollzogen werden kann.

Zwar lassen sich Betreiberfirmen von Kühlschiffen oft vertraglich zusichern, dass die Auftraggeber ihnen keinen IUU-Fisch aufladen. Es lassen sich über das Funksystem AIS auch Bewegungen von Schiffen weltweit aufzeichnen. Dennoch finden immer wieder illegale Manöver statt.

Verordnung gegen illegalen Fischhandel

In der EU gibt es beispielsweise seit 2010 die IUU-Verordnung, die versucht, die Schlupflöcher für illegalen Fisch zu schließen, etwa durch das Flaggensystem:

Mit einer gelben Karte werden Länder, die gegen die IUU-Verordnung verstoßen, verwarnt.

Wenn keine Kooperationsbereitschaft folgt, verhängt die EU die rote Karte – Fischereiprodukte werden dann aus dem entsprechenden Land vom EU-Markt ausgeschlossen.

Beispiel: Der illegale Wildtierhandel

Der Handel mit Wildtieren und -produkten verlagert sich zunehmend von physischen Märkten auf Online-Märkte.

Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch beschleunigt. Als Regierungen Lockdowns und Reisebeschränkungen verhängten, gingen Händler auf Sozialen Medien auf die Suche nach potenziellen Kunden.

Die Händler vertreiben ihre Produkte auf E-Commerce-Plattformen. Sie nutzen verschlüsselte Nachrichten. Das macht eine Strafverfolgung schwierig.

Zudem sind die verwendeten Zahlungsmethoden oft schwer zu überwachen und umfassen auch die Verwendung von Kryptowährungen (z. B. Hot Dollars oder HDS).

Der illegale Wildtierhandel wächst jährlich zwei- bis dreimal schneller als die Weltwirtschaft.

Die hohe Nachfrage führt zu hohen Preisen.

Wenn wir als Käufer nichts anderes verlangen, dann ist die einzige Regel, die sich durchsetzt, die Gewinn-Regel. Den Gewinn zu maximieren, führt dazu, illegale Produkte zu kaufen. Die sind billiger.
Alexander von Bismarck, Environmental Investigation Agency

Was beispielsweise dagegen getan werden kann: 

  • Zusammenschlüsse von Ländern im Kampf gegen Wildtierhandel, wie etwa das EU Wildlife Cybercrime Project
  • ChimpFace: Software, die Plattformen nach bedrohten Arten absucht

Beispiel: Die illegale Abholzung

Die illegale Holzindustrie hat einen geschätzten Wert von bis zu 152 Milliarden US-Dollar jährlich.

Das Ausmaß illegaler Abholzung ist regional unterschiedlich, verlässliche Zahlen zum weltweiten Ausmaß gibt es nicht.

In einigen Ländern ist sie für bis zu 90 Prozent der Abholzung von Tropenwäldern verantwortlich.

Durch illegale Abholzung wird die Biodiversität der Wälder und ihre wertvolle Funktion als Speicher von Kohlendioxid zerstört. Vor allem betroffen sind davon die tropischen Regenwälder.

Wie sich die Abholzung des tropischen Regenwaldes auf die Speicherung des Treibhausgases auswirkt, zeigt ein Beispiel:

Ein Hektar Regenwald speichert etwa 450 Tonnen Biomasse. Darin sind 225 Tonnen Kohlenstoff enthalten.

Wird dieser Hektar Regenwald gerodet, verbindet sich der Kohlenstoff aus der Biomasse mit Sauerstoff und wird zu CO2.

Damit gelangen etwa 825 Tonnen CO2 in die Atmosphäre. 

Was gegen die illegale Abholzung getan wird:

  • EUTR-Verordnung (seit 2010): verbietet, dass illegal gerodetes Holz sowie Produkte daraus in der EU vermarktet werden. Händler müssen die Legalität sowie Unterlagen zu Lieferanten und Kunden nachweisen können.  
  • Neue EU-Waldstrategie für 2030: erkennt die Bedeutung der Wälder für die Erreichung der Klimaziele an und will den Wald noch besser schützen und aufforsten.

Was illegale Abholzung und Umweltkriminalität im Allgemeinen besonders schwerwiegend macht: Die Folgen von Ausbeutung und Zerstörung der Natur wirken sich nicht nur auf die gegenwärtigen Ökosysteme und Lebensräume aus, sondern beeinflussen die Umwelt und Lebensbedingungen künftiger Generationen.

Mit dem skrupellosen Raub an der Natur befasst sich die auslandsjournal-Doku „Auf den Spuren der Umwelt-Mafia“. Hier geht's zum Film:

Quellen:
Bruenig 1996; Europäische Kommission, Timber Regulation; Europäische Kommission, Forest Strategy; Europäische Kommission, Horizon, The EU Research & Innovation Magazine 2021; EU Wildlife Cybercrime Project; FAO; Fishy Business Report, Greenpeace International 2020; Global Initiative Against Transnational Organized Crime; Dr. Sven Günter, Thünen Institut; Interpol 2020; UNEP-Bericht 2016; Whofishesfar.org

Fotos:
dpa; ap

Autorin:
Sophie Apelt

Redaktion:
Jenifer Girke, Alexandra Hawlin,
Kevin Schubert, Jennifer Werner

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