Der Ukraine-Krieg im Zeitraffer

Vor dreieinhalb Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Vom 24. Februar 2022 an besetzen russische Truppen weite Teile des Landes, doch vielerorts verteidigt sich die Ukraine erfolgreich – und erobert im ersten Kriegsjahr sogar Territorium zurück. Seit Herbst 2023 verbucht Russland wieder Geländegewinne.
Ein Überraschungsangriff gelingt Kiew im August 2024 auf die russische Grenzregion Kursk, doch mittlerweile hat Moskau das Gebiet fast komplett zurückerobert.
Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump ist es eher eine politische als eine militärische Frage, wie es in der Ukraine weitergeht.
Eine Chronologie.













24. Februar 2022
Russland greift die Ukraine an
Russische Truppen marschieren in der Ukraine ein.
Russische Truppen marschieren in der Ukraine ein.
Am frühen Morgen beginnt Russland mit Luft- und Raketenangriffen den Krieg gegen die Ukraine. Von mehreren Seiten marschieren Truppen in das Land ein. Russlands Präsident Wladimir Putin spricht von einem „militärischen Spezialeinsatz“. Die Ukraine solle „entnazifiziert“ und die russischsprachige Bevölkerung geschützt werden.
2. März 2022
Erste ukrainische Stadt eingenommen
Zerstörte russische Hubschrauber auf dem Flugplatz in Cherson.
Zerstörte russische Hubschrauber auf dem Flugplatz in Cherson.
Russische Truppen nehmen die Stadt Cherson in der Südukraine ein. Vor allem wegen ihrer Nähe zu der von Russland annektierten Halbinsel Krim ist die Region wirtschaftlich und strategisch wichtig.
25. März 2022
Kiew drängt russische Truppen zurück
Ukrainische Männer beseitigen Trümmer in Kiew.
Ukrainische Männer beseitigen Trümmer in Kiew.
Russland versucht, Kiew einzukreisen und Charkiw einzunehmen. Doch die ukrainische Armee wehrt sich erfolgreich. Daraufhin verkündet Russland einen Strategiewechsel: Künftig soll sich die Armee auf den Donbass in der Ostukraine konzentrieren.
2. April 2022
Entsetzen über Massaker von Butscha
Nach dem Massaker bergen Helfer die Leichen.
Nach dem Massaker bergen Helfer die Leichen.
Nach den russischen Angriffen ist der Kiewer Vorort verwüstet. Zahlreiche Leichen von Zivilist*innen, auch von Kindern, liegen auf den Straßen. Nach ukrainischen Behördenangaben wurden mehr als 400 Menschen getötet.
21. Mai 2022
Russische Truppen nehmen Mariupol ein
Blick aus dem zerstörten Gebäude des Sicherheitsdienstes der Ukraine in Mariupol.
Blick aus dem zerstörten Gebäude des Sicherheitsdienstes der Ukraine in Mariupol.
Russland verkündet nach wochenlanger Belagerung die Einnahme des Asow-Stahlwerks in Mariupol. Fast 2.500 ukrainische Kämpfer kommen in Kriegsgefangenschaft. Damit ist die ostukrainische Hafenstadt unter russischer Kontrolle. Sie wird durch Bomben und Beschuss fast vollständig zerstört.
10. September 2022
Erste Erfolge der ukrainischen Gegenoffensive
Ukrainische Bewohner*innen stehen in ihrem zerstörten Wohnhaus.
Ukrainische Bewohner*innen stehen in ihrem zerstörten Wohnhaus.
Moskau kündigt an, seine Truppen aus der Region Charkiw zurückzuziehen. Ein Erfolg für die ukrainische Gegenoffensive, die mit Hilfe westlicher Waffen die russischen Truppen im Osten und im Süden stark unter Druck setzt.
30. September 2022
Russland annektiert vier ukrainische Gebiete
Putin hält Rede zur Annexion von vier ukrainischen Gebieten.
Putin hält Rede zur Annexion von vier ukrainischen Gebieten.
Russland annektiert die ukrainischen Regionen Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja, ohne sie vollständig zu kontrollieren. Davor hatte Putin dort Referenden abhalten lassen, bei denen sich die Bevölkerung angeblich für einen Beitritt zu Russland aussprach. International werden diese Referenden und Annexionen als völkerrechtswidrig verurteilt.
9. November 2022
Russland zieht Truppen aus Cherson zurück
Eine Ukrainerin feiert die Befreiung ihrer Stadt Cherson.
Eine Ukrainerin feiert die Befreiung ihrer Stadt Cherson.
Unter dem Druck der ukrainischen Gegenoffensive gibt Moskau die einzige im Krieg eroberte Gebietshauptstadt auf. Der russische Rückzug aus Cherson ist ein strategisch wichtiger Sieg für die Ukraine: Ohne Cherson hat Russland keine Möglichkeit, die Ukraine vom Schwarzen Meer abzutrennen.
Zweites Kriegsjahr
Kaum Veränderungen am Frontverlauf
Dieses Feld an der Frontlinie ist nach dem Beschuss voller Krater.
Dieses Feld an der Frontlinie ist nach dem Beschuss voller Krater.
Im zweiten Kriegsjahr ist der Frontverlauf starrer. Offensiven und Gegenoffensiven treffen auf erbitterten Widerstand und enden in hohen Verlusten bei geringen Geländegewinnen.
Ab Herbst 2023 liegen die Vorteile eher auf russischer Seite.
10. Mai 2024
Russland startet Großangriff bei Charkiw
Russische Raketen haben dieses Bürogebäude im Zentrum Charkiws zerstört.
Russische Raketen haben dieses Bürogebäude im Zentrum Charkiws zerstört.
Seit Wochen steht Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine, unter verstärktem Beschuss. Nun beginnt Russland nach Angaben aus Kiew eine massive Bodenoffensive in der Region. In der Folge erlauben die USA und Deutschland der Ukraine, von ihnen gelieferte Waffen auch gegen militärische Ziele hinter der russischen Grenze einzusetzen.
6. August 2024
Überraschungsangriff der Ukraine
Ukrainischer Soldat in der russischen Region Kursk.
Ukrainischer Soldat in der russischen Region Kursk.
Ukrainische Soldaten rücken in die russische Grenzregion Kursk vor. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, Russland solle den Krieg zu spüren bekommen – und will Moskau wohl zwingen, Truppen aus der Ostukraine nach Kursk zu verlegen.
20. Januar 2025
Russland verbucht Geländegewinne
Ein russischer Mehrzweckraketenwerfer feuert auf ukrainische Stellungen. (Quelle: Russisches Verteidigungsministerium via AP/dpa)
Ein russischer Mehrzweckraketenwerfer feuert auf ukrainische Stellungen. (Quelle: Russisches Verteidigungsministerium via AP/dpa)
Russland drängt zu Jahresbeginn massiv nach vorne, um vor dem Amtsantritt von US-Präsident Trump möglichst viel Land zu erobern. Vor allem im Gebiet Donezk verbucht Moskau Geländegewinne, wobei Kiew den Vormarsch auf Pokrowsk verlangsamen kann.
Die ukrainischen Truppen halten zwar weiterhin Teile der russischen Grenzregion Kursk besetzt, verlieren aber auch dort Territorium.
So ist die Lage aktuell
Dreieinhalb Jahre nach Kriegsbeginn kontrolliert Russland etwa ein Fünftel der Ukraine. Militärisch war Moskau zuletzt erfolgreicher, aber „das hat noch nicht zu einer grundlegenden Veränderung geführt“, sagt Christian Mölling, Militärexperte beim European Policy Centre.
Politisch sei die Lage schwer einzuschätzen: „Trump ist unberechenbar in alle Richtungen. Zuletzt tendierte er mehr zu Putin, aber das kann auch schnell wieder kippen.“ Europa gelinge es nur ab und an, Einfluss zu nehmen.
Könnte ein Gebietsverzicht der Ukraine den Krieg beenden? „Nein“, sagt Mölling, „denn die Ukraine hat keine Garantie, dass sie im Gegenzug in Sicherheit ist.“ Putin habe bereits klargemacht, dass ihm der Donbass nicht reiche – weitere Gebietsansprüche Russlands seien zu erwarten. „Und sich in dieser Frage ausgerechnet auf Trump zu verlassen, wäre eine riskante Wette für die Ukraine.“
Der Militärexperte sieht grundsätzlich drei Möglichkeiten für ein Ende des Krieges:
- Die Amerikaner beenden den Krieg zugunsten der Ukraine,
- die Europäer unterstützen die Ukraine und sanktionieren Russland deutlich stärker als bisher oder
- beides wird unterlassen, Putins Truppen rücken weiter vor und Russland gewinnt den Krieg.
Ein kurzfristiges Ende des Krieges erwartet Mölling nicht. „Der Konflikt reicht bis 2014, eigentlich sogar bis 1990 zurück.“ Daher sei eine Lösung kompliziert, alles dauere extrem lange. „Vielleicht geht dieser Krieg auch nie zu Ende.“
Hier können Sie den Frontverlauf seit dem russischen Überfall auf die Ukraine noch mal im Zeitraffer-Video sehen:
Weitere Storys zum Thema:
Quellen:
dpa, AP, AFP, Reuters, Bundeszentrale für politische Bildung, Interview mit Christian Mölling
Karten:
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Fotos:
dpa, epa, AP, Reuters, AFP
Autoren:
Kathrin Wolff, Kevin Schubert, Sophia Diesler
Redaktion:
Petra Riffel
Im Auftrag des ZDF:
Mitarbeit:
Anne-Kathrin Dippel
Redaktion:
Lea Deusch, Marielle Klein
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Jens Albrecht, Josephine Gudakow, Henning Bunzel