Leben mit Long Covid

Was von der Pandemie bleibt

Krankenakten und ärztliche Unterlagen auf einem Schreibtisch
Betroffener berichtet im Oktober 2021 von Long-Covid-Symptomen
Betroffener berichtet im Februar 2022 von Long-Covid-Symptomen
Betroffene berichtet im Oktober 2021 von Long-Covid-Symptomen

Chronische Erschöpfung, Brain Fog, Herzrasen – Long Covid ist eine der weniger sichtbaren Folgen der Pandemie, doch für langfristig Erkrankte eine große Belastung. Wir haben mit Betroffenen gesprochen: Wie geht es ihnen heute, fünf Jahre nach Pandemie-Beginn?

Krankenakten und ärztliche Unterlagen auf einem Schreibtisch
Betroffener berichtet im Oktober 2021 von Long-Covid-Symptomen
Betroffener berichtet im Oktober 2021 von Long-Covid-Symptomen
Betroffener berichtet im Februar 2022 von Long-Covid-Symptomen
Betroffener berichtet im Februar 2022 von Long-Covid-Symptomen
Betroffene berichtet im Oktober 2021 von Long-Covid-Symptomen
Betroffene berichtet im Oktober 2021 von Long-Covid-Symptomen

Chronische Erschöpfung, Brain Fog, Herzrasen – Long Covid ist eine der weniger sichtbaren Folgen der Pandemie, doch für langfristig Erkrankte eine große Belastung. Wir haben mit Betroffenen gesprochen: Wie geht es ihnen heute, fünf Jahre nach Pandemie-Beginn?

Menschlicher Körper, betroffene Organe sind hervorgehoben, Tortendiagramm mit Kennzeichnung 10 bis 15%
Menschlicher Körper, betroffene Organe sind hervorgehoben, Tortendiagramm mit Kennzeichnung 10 bis 15%
Menschlicher Körper, betroffene Organe sind hervorgehoben, Tortendiagramm mit Kennzeichnung 10 bis 15%

Wann ist von Long Covid die Rede?

Unter dem Begriff Long Covid werden Beschwerden zusammengefasst, die vier Wochen nach Ansteckung mit Covid anhalten, neu auftreten oder wiederkehren.

Den Begriff Long Covid gab es zu Beginn der Pandemie noch nicht. Ab Mai 2020 wurde er von Betroffenen geprägt und verbreitete sich schnell als Bezeichnung der Corona-Langzeitfolgen.

Anni Conrad entwickelte Langzeitbeschwerden nach ihrer Corona-Infektion im Frühjahr 2020.

Schreibtisch mit Krankenakten, Übersicht der 7-Tage-Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen
Schreibtisch mit Krankenakten, Übersicht der 7-Tage-Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen

Wie äußert sich Long Covid?

Manche Betroffenen haben nur ein einzelnes, anhaltendes Symptom, etwa Konzentrationsstörungen. Bei ihnen bilden sich die Beschwerden nach einigen Monaten zurück oder heilen aus.

Andere Betroffene leiden längerfristig unter den Folgen und entwickeln das chronische Erschöpfungssyndrom ME/CFS. ME/CFS gilt als schwerste Form von Long Covid, tritt aber auch nach anderen Viruserkrankungen wie der Grippe oder dem Pfeifferschen Drüsenfieber auf.

Auch bei Natascha Lüsgo, Anni Conrad und Doris Haupt wurde ME/CFS diagnostiziert.

Ein Kalenderblatt, vier Wochen sind markiert
Zwei Kalenderblätter, vier bis sechs Wochen sind hervorgehoben
Sechs Kalenderblätter, zwölf Wochen sind markiert

Wie viele trifft Long Covid weltweit?

Unterschiedliche Forschungsmethoden, Diagnosekriterien und Virusvarianten erschweren es, die Zahl der Long-Covid-Betroffenen genau zu beziffern. Dennoch lässt sie sich auf Grundlage der bisherigen Forschung schätzen.

Forschende aus den USA gehen nach systematischer Auswertung vorliegender Studien von 65 Millionen Betroffenen im ersten Jahr der Pandemie aus.

Für 2023 gehen die Forschenden von 409 Millionen Betroffenen aus – also etwa fünf Prozent der Weltbevölkerung. Laut den Studienautor*innen handelt es sich dabei um eine eher zurückhaltende Schätzung.

Auch für Deutschland wird davon ausgegangen, dass fünf Prozent der Bevölkerung betroffen sind – also rund vier Millionen Menschen.

Schreibtisch mit Krankenakten
Symptome von Long Covid am menschlichen Körper verortet
Symptome von Long Covid am menschlichen Körper verortet

Wie entsteht Long Covid im Körper?

Wie genau Long Covid bei den Erkrankten entsteht, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Forschung liefert jedoch zunehmend Erkenntnisse, welche Prozesse im Körper der Betroffenen ablaufen.

Als weitgehend gesichert gilt: Beim Entstehen von Long Covid gibt es verschiedene Mechanismen und das Krankheitsbild ist komplex.

Bei einer länger anhaltenden Infektion kommt es zu einer starken Aktivierung des Immunsystems. Das kann anhaltende Folgen haben, zum Beispiel länger bleibende Entzündungen in nur schlecht heilendem Gewebe. Oder auch die Bildung von sogenannten Auto-Antikörpern, die sich gegen körpereigene Strukturen richten.
Prof. Carmen Scheibenbogen, Leiterin des Fatigue-Zentrums der Charité Berlin

Das Immunsystem beeinflusst auch das persönliche Risiko für die Entwicklung von Long Covid.

Menschen, die ein aktives Immunsystem haben – sei es im Zusammenhang mit einer Allergie, Übergewicht oder einer Autoimmunerkrankung –, haben ein höheres Risiko, nach einer Corona-Infektion Langzeitbeschwerden zu entwickeln.
Prof. Carmen Scheibenbogen, Leiterin des Fatigue-Zentrums der Charité Berlin

Frauen sind etwa doppelt so häufig von Long Covid betroffen wie Männer. Laut Scheibenbogen kennt man dafür zwei Gründe: Zum einen haben Frauen ein aktiveres Immunsystem als Männer, zum anderen produzieren sie andere Hormone – und Hormone steuern das Immunsystem mit.

Studien deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, Long Covid zu entwickeln, im Verlauf der Pandemie abgenommen hat. Zugleich steigt aber das Risiko bei wiederholter Infektion an.

Impfpass, Spritze und Medikamente liegen auf einem Schreibtisch
Impfpass, Spritze und Medikamente liegen auf einem Schreibtisch
Impfpass und Spritze liegen auf einem Schreibtisch, Post-It mit Notiz: Risiko minus 47%
Menschlicher Körper, potenziell von Long Covid betroffene Organe sind hervorgehoben
Mensch bekommt Infusion
Schematische Darstellung einer Blutwäsche
Schematische Darstellung einer Blutwäsche

Wie wird Long Covid behandelt? 

Carmen Scheibenbogen forscht an der Charité Berlin an Therapiemöglichkeiten zu Long Covid und ME/CFS. Ihr Forschungsteam verfolgt verschiedene Ansätze.

Einer davon ist eine Sauerstoff-Hochdruck-Therapie. Dabei atmen Betroffene in einer Druckkammer reinen Sauerstoff ein, was einen positiven Einfluss auf die Durchblutung und das Immunsystem haben soll.

Auch die sogenannte Immunadsorption soll positive Effekte haben. Bei diesem Verfahren werden Auto-Antikörper aus dem Blut von Betroffenen herausgewaschen. 

Ihnen gehe es dadurch zwar schnell besser – eine anhaltende Besserung erreiche man damit aber meist nicht, so Scheibenbogen. Denn: Die Antikörper kommen wieder. Zudem sei das Verfahren aufwendig und stehe nur wenigen zur Verfügung.

Die meisten Therapieansätze von Long Covid dienen hauptsächlich dazu, Symptome zu lindern. Dazu zählen Atemtherapie, Ergotherapie oder auch Medikamente gegen Kreislaufstörungen.

Auch die Strategie Pacing soll Erkrankten im Alltag helfen. Dabei geht es darum, genau auf den Körper zu hören und eigene Grenzen zu erkennen.

So lassen sich Überlastungen vermeiden, die zu sogenannten Crashs führen. Bei einem Crash verschlimmern sich die Beschwerden schon nach leichter Anstrengung.

Das erste Mal hörte Doris Haupt von Pacing in einer Selbsthilfegruppe. Viele Erkrankte suchen dort Unterstützung – so auch Anni Conrad und Natascha Lüsgo.

Lüsgo engagiert sich in einigen Projekten zum Thema Long Covid als Patientenbeirat. Hoffnung setzt sie auch in die weitere Forschung zu medikamentöser Behandlung.

Was wir brauchen, sind klare Marker: Bei welchem Patienten ist was die Ursache der Erkrankung? Das ist die Grundlage, um jemanden gezielt behandeln zu können – das untersuchen wir im Rahmen unserer Therapiestudien, um mit diesem Wissen Medikamente schneller zu entwickeln.
Prof. Carmen Scheibenbogen, Leiterin des Fatigue-Zentrums an der Charité Berlin