Es ist eine der wichtigsten Fragen in der Corona-Krise: Gibt es genug Intensivbetten? Für schwerkranke Covid-19-Patienten sind sie überlebenswichtig.
So sieht die Auslastung in den Landkreisen und Städten aus:
So in den einzelnen Kliniken:
In Deutschland gibt es mehr als 1.000 Krankenhäuser mit Intensivbetten. Seit dem 16. April sind sie dazu verpflichtet, die Belegung täglich an ein zentrales Register zu melden.
Sollte es zu einer zweiten Infektionswelle kommen, sehen die Intensivmediziner sofort, wo es noch freie Betten gibt. Betten, die nach Einschätzung der Klinik mangels Personal oder Schutzausrüstung nicht betrieben werden können, werden nicht gemeldet – einer der Gründe, warum die Zahl der Betten alleine nicht entscheidend ist.
Warum ist die Zahl der Intensivbetten wichtig?
Intensivbetten sind sozusagen „Last Resort“, die letzte Option, für schwerkranke Corona-Patienten.
Seit Beginn der Krise lautet das Motto: #flattenthecurve – bloß nicht zu viele Corona-Fälle, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten.
In der Praxis bedeutet das: Es dürfen nicht zu viele schwerkranke Patientinnen und Patienten gleichzeitig in die Krankenhäuser kommen. Sind nicht genug Betten da, bricht das System zusammen.
Viele Kliniken waren zuletzt im Krisenmodus. Nicht notwendige Operationen wurden verschoben, um Betten für Covid-19-Patienten freizuhalten. Wer kein absoluter Notfall war, musste warten.
Deutschland ist mit einer relativ hohen Anzahl von Intensivbetten in die Krise reingegangen – und hat auf diesem hohen Niveau nochmal aufgestockt.
Tatsächlich hat Deutschland im OECD-Vergleich die meisten Intensivbetten pro 100.000 Einwohner.
Die Arten der Beatmung
Es gibt drei verschiedene Kategorien der Beatmungsgeräte an Intensivbetten.
Welche Art der Beatmung eingesetzt wird, hängt von der Schwere der Covid-19-Erkrankung ab.
Bei der nicht-invasiven Beatmung werden Patienten durch eine Gesichtsmaske zusätzlich mit Sauerstoff versorgt und atmen selbst weiter – ohne Narkose.
Bei invasiver Beatmung werden Patienten narkotisiert. Ihnen wird ein Schlauch in die Luftröhre eingeführt, die Maschine übernimmt das Atmen.
Bei schweren Verläufen ist eine „künstliche Lunge“ notwendig. Das Blut des Patienten fließt dabei in eine Maschine, wird mit Sauerstoff angereichert und wieder zurückgeführt.
Intensive Betreuung braucht intensiv geschultes Personal
Bei den Intensivbetten ist Deutschland zwar gut aufgestellt, aber bei der Zahl der Pfleger pro Krankenhausbett landet Deutschland im OECD-Vergleich nur auf dem viertletzten Platz – hinter der Slowakei und Tschechien.
Es fehlen tausende von Pflegekräften im Gesundheitswesen. Das trifft auch auf Intensivstationen und insbesondere auf weitergebildetes Intensivpersonal zu.
Intensivbetreuung und Beatmung brauchen speziell dafür ausgebildete Fachkräfte. Die Fortbildung dauert für Ärzte und Pflegekräfte zwei Jahre – zusätzlich zur normalen Ausbildung.
Tagsüber darf eine Pflegekraft maximal 2,5 Intensiv-Patienten betreuen, ab 2021 sogar nur noch zwei.
Für die Krankenhäuser ist es aufgrund des Fachkräftemangels nicht leicht, diesen Betreuungsschlüssel einzuhalten.
37 Prozent der Krankenhäuser gaben für Anfang 2019 laut Deutschem Krankenhausinstitut an, dass sie Betten freilassen mussten, um die Personaluntergrenzen einhalten zu können.
Insgesamt haben laut derselben Umfrage drei von vier Krankenhäusern Probleme, Stellen in der Intensivpflege zu besetzen – mehr als doppelt so viele wie noch 2011. Schon vor der Krise war das ein Problem:
Tatsächlich gibt es Kliniken bei denen ein Drittel der Intensivbetten – hoch ausgerüstet, teuer ausgerüstet mit Medizintechnik – nicht betrieben werden können, weil man an Personal gespart hat.
Das war bereits eine Belastung vor der Corona-Krise für das Pflegepersonal:
Ich konnte die Arbeit nicht mit dem Anspruch machen, den ich an mich selber hatte.
Welche Rolle spielt das Kliniksterben?
Die Zahl der Krankenhäuser und der Betten ist in den vergangenen Jahren durchgehend gesunken. Gleichzeitig kommen immer mehr Patienten in die Krankenhäuser.
Diese Deutschlandkarte zeigt den Rückgang der Kliniken.
In den allermeisten Landkreisen waren im Jahr 2017 weniger Betten pro 1.000 Einwohner vorhanden als noch Mitte der Neunziger. Wenn das dezentrale Krankenhausangebot schrumpft, bedeutet das vor allem für Menschen auf dem Land längere Anfahrtswege.
Ein Klick auf die Karte zeigt, wie es in Ihrer Region aussieht:
Wird das Kliniksterben in der Krise zum Problem?
Der große Ansturm auf die Kliniken blieb bislang aus, viele der zusätzlich aufgestellten Betten standen leer.
Deswegen sollen die Krankenhäuser jetzt schrittweise wieder den Normalbetrieb aufnehmen.
Dass Deutschland bislang so gut durch die Krise gekommen ist, erklärt sich der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, mit dem dichten Netz an niedergelassenen Haus- und Fachärzten im Land:
Bei uns werden sechs von sieben Corona-Patienten ambulant behandelt. Das hat wesentlich dazu beigetragen, eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern.
Angesichts der vielen Krankenhausschließungen hätte es allerdings auch ganz anders kommen können. In einer Studie der Bertelsmann Stiftung sprachen sich Experten kurz vor der Krise dafür aus, 800 Krankenhäuser zu schließen.
Wenn man dieser Empfehlung gefolgt wäre, hätten wir wohl Verhältnisse wie in Spanien, Italien oder Frankreich gehabt.
Krankenhäuser pro eine Million Einwohner
Eine Lehre aus der Krise muss daher sein: Krankenhäuser müssen dem Patienten dienen, nicht dem Profit. Das muss sich ins kollektive Gedächtnis einbrennen.
Quellen:
DIVI, OECD, Bundesgesundheitsministerium, Statistisches Bundesamt, Deutsches Krankenhausinstitut
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Autoren:
Simon Haas, Robert Meyer
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