Steigende Inflation

Warum unser Geld an Wert verliert

Die Inflationsrate ist auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung gestiegen: Aktuell liegt sie bei 7,3 Prozent. Das zeigt sich auch an der Supermarktkasse:

Seit Monaten wird alles teurer, Erspartes verliert an Wert. Das betrifft fast jeden Lebensbereich: egal ob Strom, Benzin oder Möbel. Man kann sich für das gleiche Geld immer weniger kaufen. Hält dieser Prozess länger an, spricht man von Inflation.

Steigende Preise, wie z. B. die der Lebensmittel in unserem Einkaufskorb, werden vom Statistischen Bundesamt dokumentiert. Der Warenkorb unseres alltäglichen Lebens geht aber weit über Nahrungsmittel hinaus und umfasst rund 650 Güter. Vom Friseurbesuch über Handyverträge bis hin zum Sofa.

Der Verbraucherpreisindex (VPI) misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen im Warenkorb.

Die Veränderung des Verbraucherpreisindex im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres wird als Inflationsrate bezeichnet.

Deshalb steigen die Preise

Die Gründe für die Preissteigerungen:

Die Erzeugerpreise sind extrem stark angestiegen und nach und nach reichen die Produzenten diese Preisanstiege an die Verbraucher weiter. Bisher sind es vor allem die Energiepreise, die sich in den Verbraucherpreisen direkt niedergeschlagen haben. Aber da sollte man sich nicht täuschen lassen. Da sind viele Kostensteigerungen bei anderen Vorprodukten, die letztlich noch an die Verbraucher weitergegeben werden, bereits in der Pipeline.
Prof. Volker Wieland, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Außerdem löst eine Krise die nächste ab: Die pandemiebedingten Effekte, also Angebotsengpässe bei erhöhter Nachfrage, werden zunehmend von Russlands Angriffskrieg in der Ukraine überlagert:

Russland ist nicht nur ein wichtiger Exporteur von Erdöl, Kohle und Erdgas, sondern auch von vielen anderen Rohstoffen sowie Lebensmitteln. Kommt es noch schlimmer, zum Beispiel aufgrund eines Erdöl- und eines Erdgasembargos auf Importe aus Russland oder eines Lieferstopps seitens Russlands, ist zu befürchten, dass die Inflation in die Nähe von zweistelligen Werten ansteigt.
Prof. Volker Wieland, Mitglied der Wirtschaftsweisen

Um die Inflation abzuschwächen, solle die Europäische Zentralbank (EZB) die Niedrigzinsphase bald beenden, meint Prof. Wieland.

Die entschied aber gerade wieder: Die Zinsen im Euroraum bleiben vorerst unverändert. Der EZB-Rat stehe aber bereit, „alle seine Instrumente“ bei Bedarf anzupassen.

Die Rolle der EZB

Die Hauptaufgabe der EZB ist es, für Preisstabilität im Euroraum zu sorgen. Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Preise gleich bleiben. Als stabil gilt eine jährliche Preissteigerung von „nahe zwei Prozent“.

Die Preise sollen immer leicht steigen – als Schutz vor dauerhaft sinkenden Preisen (Deflation). Denn was erstmal gut klingt, ist problematisch.
Ein Beispiel:

Will man sich einen Fernseher kaufen und beobachtet, dass dieser immer günstiger wird, wird man in Erwartung weiter fallender Preise mit dem Kauf warten. Für den Fernseher-Hersteller bedeutet das: sinkende Nachfrage.

Im schlimmsten Fall geht der Hersteller pleite. Die entlassenen Mitarbeiter*innen haben jetzt selbst weniger Geld, können weniger kaufen und die Nachfrage sinkt insgesamt weiter.

Unser aktuelles Problem sind allerdings zu stark steigende Preise und die könnten durch höhere Gehälter noch weiter angetrieben werden. 

Übertragen auf unser Beispiel, zeigt sich dabei folgendes Problem:

Angenommen, der Fernseher-Hersteller möchte die steigenden Preise durch höhere Löhne ausgleichen, muss er mehr einnehmen, um nicht weniger Gewinn zu machen. Deshalb erhöht er die Preise, um die Mehrkosten zu decken.

Die Folge: Die Inflation nimmt weiter Fahrt auf, die Preise steigen immer weiter. Diesen Effekt nennt man Lohn-Preis-Spirale. Eine solche drohe auch in der gegenwärtigen Situation, sagen Expert*innen:

Da die Preissteigerungen bei Vorprodukten von den Produzenten nur nach und nach an die Verbraucher weitergegeben werden, werden wir nächstes und übernächstes Jahr noch deutlich erhöhte Inflationsraten haben. Außerdem kommen zunehmend Lohnsteigerungen hinzu, denn die Arbeitnehmer werden die massiven Kaufkraftverluste wieder wettmachen wollen.
Prof. Volker Wieland, Mitglied der Wirtschaftsweisen

Die Inflation trifft nicht jeden gleich

Je weniger Geld einem Haushalt zur Verfügung steht, desto härter trifft ihn die Inflation.

Da jeder einen gewissen Grundbedarf an Energie und Nahrung zu decken hat, sind Verbraucher mit niedrigen Einkommen tendenziell stärker betroffen, da sie von ihrem Haushaltsgeld einen höheren Anteil als andere dafür ausgeben müssen. Und von einer Inflation sind besonders solche Personen betroffen, die ihr Einkommen nicht an die steigenden Preise anpassen können.
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg

Ein großer Teil unseres Einkommens geht für Wohnkosten drauf. Das trifft vor allem Menschen mit geringerem Lohn.

Beim Verkehr ist die Lage etwas anders

Da Geringverdiener sich häufig gar kein Auto leisten können oder es nur selten fahren, sind sie von steigenden Preisen an der Tankstelle weniger betroffen. Andere müssen derzeit ihr Auto stehen lassen, da sie sich eine Autofahrt nicht mehr leisten können.

Was kann man gegen die steigenden Preise tun?

Geld sparen beim Einkauf:

Geld sparen im Energiebereich:

Nicht jeder Raum muss gleich warm sein: Laut Verbraucherzentrale NRW sind im Wohnzimmer 20 Grad, im Schlafzimmer 18 Grad und in wenig genutzten Räumen 16 Grad optimal.

Geld anlegen:

Eine Möglichkeit, das eigene Geld vor der Inflation zu schützen, ist, es anzulegen. Die Verbraucherzentrale NRW nennt verschiedene Anlageklassen, die allerdings alle verschiedene Risiken bergen:

Man sollte nur Geld in Aktien investieren, das man für mindestens zehn Jahre nicht braucht. Auf einem Tagesgeldkonto sollte ein Sicherheitspuffer von mindestens drei Monatsgehältern liegen, sodass Reparaturen bezahlt oder wichtige Haushaltsgeräte ersetzt werden können.
Stephanie Heise, Verbraucherzentrale NRW

Besser als in einzelne Firmen zu investieren, sei es, das nicht benötigte Geld in weltweit gestreute Aktienindizes durch Exchange Traded Funds (ETF) zu stecken. Dabei investiere man in rund 3.000 Unternehmen in verschiedenen Branchen weltweit, so die Verbraucherzentrale NRW.

Mit ETFs kaufen Sie einen kompletten Aktienindex, damit wird das Risiko breit gestreut. Daher empfehlen wir ETFs auf weltweite Indizes […] ETF-Kosten sind im Gegensatz zu herkömmlichen Aktienfonds sehr niedrig.
Stephanie Heise, Verbraucherzentrale NRW

Quellen:
Bundesbank; Bundeszentrale für politische Bildung; Statistisches Bundesamt; Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V.; Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH; Europäische Zentralbank; Kiel Institut für Weltwirtschaft; ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; Verbraucherzentrale Baden-Württemberg; Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen; Deutsche Bank AG; Bundesbank; Bundeszentrale für politische Bildung; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung;

Fotos:
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Redaktion:
Jennifer Werner, Kevin Schubert

Im Auftrag des ZDF:

Autor:
Andreas Goebbel

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