Corona-Impfstoff
Wer soll zuerst geimpft werden?
Das ist eine der wichtigsten Fragen, die sich die Länder der Welt beim künftigen Impfstoff stellen müssen.
US-Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler* haben die Verteilung eines Corona-Impfstoffes berechnet und durchgespielt:
*Preprint (siehe Quelle): Begutachtung anderer Forscher und Forscherinnen noch ausstehend.
Hierfür wurde die Bevölkerung nach Alter in fünf Impfgruppen unterteilt.
Bei der Ausgangslage des Szenarios sind
- bereits 20 Prozent der Bevölkerung infiziert und immun.
- Mitarbeitende des Gesundheitswesens geimpft.
Höhe der Schutzwirkung:
Gleichzeitig wurde berechnet, dass ein Impfstoff mit einer Schutzwirkung von über 50 Prozent ausreichen würde, um die laufende Pandemie erheblich einzudämmen.
Eine 50-prozentige Effektivität würde bedeuten, dass die Hälfte der geimpften Personen geschützt ist. Das ist nicht ideal in einem Pandemieszenario, bei dem die Schutzwirkung so hoch wie möglich liegen sollte. Es gibt aber durchaus Impfungen, die die Erkrankung zwar nicht komplett verhindern, allerdings zu einem weniger schweren Verlauf führen.
Wer sollte also nun geimpft werden?
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass Kinder weniger anfällig sind für Infektionen ...
als Erwachsene mittleren Alters (20 bis 65 Jahre) ...
und diese wiederum weniger als ältere Erwachsene (älter als 65 Jahre).
Effektivität des Impfstoffs
Doch für die Entscheidung, wer in der Bevölkerung als Erstes geimpft werden soll, sollte die Effektivität des Impfstoffs betrachtet werden:
Hohe Schutzwirkung
Bei einer höheren Schutzwirkung geht es vor allem darum, die Verbreitung des Virus einzudämmen.
In diesem Fall sollten zuerst jüngere Altersgruppen geimpft werden, da diese eher zur Verbreitung des Virus beitragen.
Geringere Schutzwirkung
Bei einer geringeren Schutzwirkung des Impfstoffes sieht das Szenario der US-Autoren und -Autorinnen eine Anpassung der Impfstrategie vor.
In diesem Fall sollten zunächst ältere Altersgruppen geimpft werden, um die Anzahl der Todesfälle zu minimieren.
Ist dieses Modell übertragbar auf Deutschland?
Expertinnen und Experten aus Deutschland halten es für sinnvoll, dass bei einem weniger effektiven Wirkstoff zuerst die Risikogruppen geimpft werden.
Das heißt, man würde einen weniger effizienten Impfstoff, der jedoch die Erkrankungsschwere herabsetzt, denjenigen geben, die ein signifikantes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben: Im Falle von Covid-19 wären das ältere Menschen und Menschen mit Grunderkrankungen und anderen Risikofaktoren.
Bei einem effektiven Impfstoff (hohe Schutzwirkung) sieht das anders aus, der Vorteil für die Gesamtpopulation rückt in den Vordergrund.
Verträglichkeit des Impfstoffes noch unklar
Ein weiterer wichtiger – und aus Sicht der Expertinnen und Experten – insgesamt noch nicht ausreichend erforschter Aspekt: Wie wirkt eigentlich der Impfstoff in den verschiedenen Altersgruppen?
Die meisten verfügbaren Daten aus den laufenden Impfstoffstudien beziehen sich auf junge, gesunde Erwachsene. Dies ist jedoch nicht die Gruppe mit dem höchsten Risiko für Covid-19. Es wäre wichtig zu wissen, wie gut verträglich, sicher und wirksam künftige Impfstoffe vor allem auch bei älteren Menschen und/oder bei Personen mit Vorerkrankungen wie Diabetes sind.
Die reale Schutzwirkung eines Impfstoffes kennen wir erst dann genau, wenn ein Impfstoff im Alltag angewendet wird. So zum Beispiel wird die Schutzwirkung des Grippeimpfstoffes in jedem Jahr neu erfasst.
Nutzen und Kritik am Impfszenario
Ein entscheidender Vorteil des Modells ist, dass es sowohl die Prävention als Impfstrategie berücksichtigt – das heißt die komplette Verhinderung von Neuinfektionen durch einen (hocheffizienten) Impfstoff – als auch die Variante der Mitigation (Verminderung) der Erkrankungsschwere bei einem weniger effektiven Impfstoff.
Die Kritik an dem Modell:
- Nicht einfach auf andere Länder übertragbar.
Die Kritik an dem Modell:
- Kontaktverhalten der Menschen unterschiedlich.
Die Kritik an dem Modell:
- Die Annahme einer Immunitätsrate von 20 Prozent sei zu hoch.
Die Kritik an dem Modell:
- Es ist offen, wie lange eine Immunität wirklich anhält.
Bis ein Impfstoff zur Verfügung steht und eine Impfstrategie angewendet wird, müssen also noch einige Studien folgen.
Quellen:
Science Media Center; Preprint: Matrajt L. et al. (16.08.2020): Vaccine optimization for COVID-19, who to vaccinate first? medRxiv; Robert Koch-Institut
Autor:
Jan Schüßler
Redaktion:
Jennifer Werner, Karsten Kaminski
Im Auftrag des ZDF:
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