Viele Betten in einem Schlafraum, gemeinsam genutzte Sanitäranlagen, Sammelküchen:

Wie gut werden Menschen in Erstaufnahme- und Gemeinschaftsunterkünften in Deutschland vor dem Coronavirus geschützt?

Bitte!
Bitte verlegt uns an einen sicheren Ort.
Mohsen F. Z., lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft bei Leipzig | 28.05.2020

Mohsen lebt gemeinsam mit knapp 400 Menschen in einer Gemeinschaftsunterkunft in Sachsen.

Icon-Darstellung: Ein großes Gebäude darin viele Menschen mit Koffern

Derzeit (29.05.2020) gibt es hier noch keinen offiziell bestätigten Corona-Fall – anders sieht es beispielsweise in St. Augustin in Nordrhein-Westfalen aus.

Menschen in Schutzanzügen laufen auf das Flüchtlingsheim St. Augustin zu.

Dort wurden laut der Bezirksregierung Köln 179 Personen positiv getestet.

Auch andere Bundesländer melden immer wieder Fälle in Gemeinschaftsunterkünften.

Mehrfach wurden, wie im brandenburgischen Hennigsdorf, bereits große Teile von Unterkünften unter Quarantäne gestellt. In Mainz in Rheinland-Pfalz steht derzeit sogar eine komplette Unterkunft unter Quarantäne.

Insgesamt sind in Deutschland mindestens 134.000 Menschen gemeinschaftlich untergebracht.*   

*Erstaufnahme- und Ankerzentren sowie Gemeinschaftsunterkünfte    

Die Unterbringung und medizinische Versorgung von Flüchtlingen liegt in Deutschland allerdings bei den Ländern bzw. Kommunen.

viele Menschen in Schutzanzügen vorm Flüchtlingsheim in St. Augustin

Die Datenlage ist daher sehr unübersichtlich. Auf Nachfrage verweisen viele Länder auf die Städte und Kommunen.

Eine aktuelle Studie der Universität Bielefeld weist auf eine hohes Risiko für Geflüchtete in Sammelunterkünften hin.

„Sammelunterkünfte für Asylbewerber*innen sind besonders gefährdet, zu Hotspots für Corona-Infektionen zu werden. […] Wird in einer Unterkunft eine Corona-Infektion festgestellt, ergibt sich laut den Forschenden für alle anderen Bewohner*innen ein Ansteckungsrisiko von 17 Prozent.“  Ergebnis einer aktuellen Studie der Universität Bielefeld, 29.05.2020

Bereits seit Wochen fordern u. a. alle Landesflüchtlingsräte eine dezentrale Unterbringung und üben scharfe Kritik:

Wir beobachten derzeit eine bewusste Gefährdung der Gesundheit, nämlich dass eine Durchseuchung in Kauf genommen wird.
Helen Deffner, Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt | 11.05.2020

Die Reaktion der Bundesregierung:

Der Vorwurf, die Bundesregierung nehme die Infektion von Menschen mit dem Coronavirus in Kauf, den weise ich auf das Schärfste zurück.
Steffen Seibert, Regierungssprecher | 11.05.2020

Die Bundesländer verweisen darauf bestimmte Vorkehrungen gegen die Corona-Bedrohung zu treffen – zum Beispiel:

•	Besuchsverbote  •	Erhöhte Hygienemaßnahmen  •	Tests und ggf. Quarantäne von Neuankömmlingen  •	Informations- und Aufklärungsmaterial •	Abstandsregelungen •	Absage von Betreuungsangeboten oder anderen Gruppenaktivitäten

Manche Bundesländer testen Neuankömmlinge generell auf SARS-CoV-2, andere hingegen nur, wenn Symptome wie z. B. Fieber auftreten.

Auch die Verringerung der Belegungsdichte der Einrichtungen oder die Maskenvergabe wird unterschiedlich gehandhabt.

So werden bespielsweise Masken in Nordrhein-Westfalen für die Bewohner bereitgestellt, während in Mecklenburg-Vorpommern keine Maskenpflicht besteht, sich Bewohner aber eigene Masken basteln.

Quellen: Innenministerien Nordrhein-Westfalen/Mecklenburg-Vorpommern

Corona-Viren schwirren herum.

Mohsen fühlt sich trotz der getroffenen Maßnahmen von den offiziellen Stellen allein gelassen.

Eine Hand greift nach einer anderen. Die obere löst sich und verschwindet.
Wir sind
alle Menschen.
Mohsen F. Z., lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft bei Leipzig | 28.05.2020

Die Studie der Universität Bielefeld empfiehlt:

Die coronaschutzkonforme Unterbringung Geflüchteter möglichst dezentral bzw. bei zentraler Unterbringung in Einzelzimmern/kleinen Wohneinheiten ist aus epidemiologischer und aus normativ‐rechtlicher Sicht die beste Präventionsmaßnahme.” Studie der Universität Bielefeld

Quellen:
UNHCR; Innenministerien der Länder; Bundespressekonferenz; Deutsche Presse-Agentur; Bozorgmehr K, Hintermeier M, Razum O, et al. SARS‐CoV‐2 in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete: Epidemiologische und normativ‐rechtliche Aspekte. Version 1.0. Bremen: Kompetenznetz Public Health COVID-19; 2020.; Pro Asyl

Fotos:
dpa

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