Klimawandel:

Wo das Wetter in Deutschland 
noch extremer wird

Die Klimakrise ist längst in Deutschland angekommen. Das ist schon heute spürbar – und wird sich in Zukunft deutlich verschärfen.  

Wir kommen in ein neues Klima. Insgesamt wird sich die Verteilung der Niederschläge ändern. Es gibt ein Wechselspiel zwischen Trockenheit auf der einen und Starkregen auf der anderen Seite. 
Mojib Latif, Klimaforscher am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel 

Wo liegen die bisherigen und zukünftigen Extremwetter-Hotspots in Deutschland? Ein Überblick:

Starkregen 

Daten aus einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigen:
Besonders im Süden Deutschlands und in der Region rund um die Stadt Hagen in Nordrhein-Westfalen häuften sich in der Vergangenheit die Tage mit Starkregen – also Tage, an denen mehr als 20 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen ist.

Klicken Sie in die Karte und schauen Sie, wie viel Starkregen bei Ihnen in der Region gefallen ist:

Für die Zukunft prognostizieren die Forschenden einen leichten Anstieg der Starkregentage im Jahr.

Beispiel Hagen:

1991–2020: durchschnittlich 4,9 Starkregentage pro Jahr
2031–2060: durchschnittlich 5,9 Starkregentage pro Jahr

Wichtig ist hierbei:
Diese Zahlen sind Mittelwerte für Zeiträume von 30 Jahren. In einem einzelnen Jahr oder Monat kann es also deutlich mehr oder auch weniger Starkregentage geben.

Doch nicht nur die Zahl der Starkregentage steigt. Durch die Klimaerhitzung werden die Niederschläge zudem extremer.

Kommt es zu extremen Niederschlägen kann das katastrophale Folgen haben. Das hat der Sommer 2021 gezeigt.

Bei der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben mehr als 180 Menschen ihr Leben verloren, 766 wurden verletzt.

Die Fluten verwüsteten viele Gemeinden, Tausende verloren ihre Häuser.

Straßen und Brücken wurden zerstört.

Die Wissenschaft ist sich einig: Die Klimakrise macht diese Extremereignisse nicht nur wahrscheinlicher, sondern auch intensiver.

Einer der Gründe dafür ist, dass wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen kann.

Pro Grad Erwärmung nimmt die Luft sieben Prozent mehr Wasser auf, das dann mit abregnet.

Mit der Zunahme der Temperatur geht eine Intensivierung der Starkregenereignisse einher“, sagt Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst.
Und: Die extremen Regenfälle können jede Region in Deutschland treffen.

Das Problem:
Fällt Starkregen auf Böden, die das Wasser nicht aufnehmen können, verstärken sich Hochwasser und Überflutungen. Das passiert, wenn die Böden

  • versiegelt,
  • durch die Landwirtschaft verdichtet,
  • durch vorherigen Regen stark nass,
  • durch anhaltende Hitze und Trockenheit besonders trocken sind.

Trockenheit

Besonders wenig regnete es in der Vergangenheit im Nordosten von Deutschland. In den Regionen um Berlin, Cottbus und Magdeburg war es am trockensten. Hier gab es über 275 Tage im Jahr an denen es weniger als zwei Liter Niederschlag pro Quadratmeter gab. Die wenigsten Trockentage gab es hingegen in der Region rund um München – 222 Tage.

Auf der Karte sehen Sie, wie trocken Ihre Region ist:

Bei der durchschnittlichen Anzahl der Trockentage pro Jahr in ganz Deutschland ist laut den Prognosen der Potsdamer Forschenden kein klarer Trend zu erkennen:

Dass Dürren in Deutschland dennoch zunehmend ein Problem sind, liegt daran, dass sich durch den Klimawandel

  • die Niederschläge vom Sommer in den Winter verschieben.
  • die Sommerhitze verschärft, wodurch mehr Wasser in den Böden verdunstet und sie dadurch immer trockener werden.

Die Dürreforschung schaut sich deshalb die Bodenfeuchtigkeit an. Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sieht hier einen klaren Trend:

Bei 1,5 Grad Erderwärmung verlängern sich die Dürrezeiten in Deutschland durchschnittlich um 30 Prozent, bei 3 Grad um 50 Prozent.
Andreas Marx, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Regional kann es sogar zu einer Verdopplung der Dürrezeiten kommen.

Trocknet die Landschaft aus, weil es zu wenig regnet und zu viel Wasser verdunstet, erhöht das die Waldbrandgefahr. Studien zeigen, dass bereits heute durch den menschengemachten Klimawandel global betrachtet die Häufigkeit und Schwere von Bränden zugenommen hat.

Die Feuer heizen wiederum zusätzlich die Erderwärmung an. Alleine im Juli 2021 verursachten die Feuer weltweit mehr CO2-Ausstoß als ganz Spanien in einem Jahr. Laut dem europäischen Erdbeobachtungsprogramm Copernicus so viel wie nie seit Beginn der Messungen 2003.

Trockene Regionen in Deutschland waren besonders 2018 und 2019 von verheerenden Waldbränden betroffen.

In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verbrannten in diesen Jahren 4.000 Hektar Wald, eine Fläche etwa doppelt so groß wie der Frankfurter Flughafen, was im internationalen Vergleich allerdings extrem wenig ist.

Deutlich mehr Wald ging in Deutschland insgesamt durch die Dürren verloren: „ Die Dürrejahre 2018 und 2019 haben auf 245.000 Hektar so große Schäden hinterlassen, dass sie wiederbewaldet werden müssen “, so das Bundeslandwirtschaftsministerium. Eine Fläche, die fast so groß ist wie das Saarland.

Hitze

Hitzetage, also Tage mit Temperaturen über 30 Grad Celsius, gab es zwischen 1961 und 1990 durchschnittlich an 3,6 Tagen im Jahr.

Entdecken Sie auf den folgenden Karten, wie viele Hitzetage es in Ihrer Region gibt:

In den letzten 30 Jahren hat sich diese Zahl auf durchschnittlich 8,1 Tage erhöht.

In Zukunft wird es 10,9 Hitzetage geben, prognostiziert die Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Die meisten heißen Tage erwarten die Forschenden rund um Karlsruhe. Dort sagen sie durchschnittlich 19,2 Hitzetage pro Jahr vorher.
Zum Vergleich: Im Zeitraum 1961–1990 waren es dort noch 7 Hitzetage pro Jahr.

Die Zunahme von heißen Tagen sorgt in Deutschland für eine steigende Zahl an Hitzetoten.

Schon im Hitzejahr 2018 waren es einer Studie eines internationalen Forschungsteams zufolge in Deutschland etwa 20.200 Todesfälle in Zusammenhang mit Hitze bei Menschen über 65 Jahren.

In einer zunehmend älteren Gesellschaft würden künftige Hitzesommer das Problem noch verschärfen.

In Europa war die durchschnittliche Temperatur in den Sommermonaten Juni, Juli und August 2021 so heiß wie nie zuvor seit den Aufzeichnungen. In Sizilien wurden im August 48,8 Grad Celsius gemessen, der höchste gemessene Wert in Europa, sollte die Weltorganisation für Meteorologie „ WMO“ die Messung bestätigen.

Nicht nur die Anzahl heißer Tage nimmt zu. Unser Klima erwärmt sich insgesamt und das sogar schneller als in anderen Teilen der Welt. Gegenüber dem späten 19. Jahrhundert ist die mittlere Temperatur in Deutschland laut Daten des Deutschen Wetterdienstes bereits um 2 Grad Celsius gestiegen. Global betrachtet waren die Temperaturen in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 1,1 Grad Celsius wärmer*.
*Bericht des Weltklimarats (08/21)

Um die Folgen der Klimakrise abzuschwächen, fordern Expert*innen,

  • so schnell wie möglich aus der Nutzung fossiler Energien wie Kohle, Öl und Gas auszusteigen.
  • unsere Gesellschaft und Infrastruktur krisensicher zu machen für die kommenden Extremwetter.

Dabei mahnt der Klimawissenschaftler Mojib Latif:

Es gibt neben Grenzen der Vorhersagbarkeit auch Grenzen der Anpassung. Es besteht die Gefahr, dass bestimmte Weltregionen durch Hitze und Dürre unbewohnbar werden. An Extremniederschläge kann man sich kaum anpassen. Das schafft keine Kanalisation. Wir machen gerade ein ziemliches Experiment. Wir wissen nicht genau wie das Experiment ausgeht. Das Wichtigste ist, die globale Erwärmung zu stoppen. Dann können wir uns sehr viele schwerwiegende Folgen ersparen.
Prof. Dr. Mojib Latif, Klimaforscher, Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel

Quellen:
Copernicus Global Fire Assimilation System, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, Deutsche Bahn, IPCC-Berichte, Deutscher Wetterdienst, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Umweltbundesamt, Bundeslandwirtschaftsministerium

Fotoquellen:
dpa, epa, reuters

Autor:
Nathan Niedermeier

Redaktion:
Robert Meyer, Jennifer Werner, Kevin Schubert

Im Auftrag des ZDF:

Design:
Jens Albrecht