Die Krise der WHO in der Corona-Pandemie
Eine Chronologie
In der chinesischen Millionenstadt Wuhan treten erste Fälle einer mysteriösen Lungenkrankheit auf.
Eigentlich ist jedes Mitgliedsland der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dazu verpflichtet, den Ausbruch einer neuen Infektionskrankheit innerhalb von 24 Stunden zu melden. Doch die Meldung von chinesischer Seite bleibt aus.
Erst jetzt informiert China das WHO-Büro in Peking über das Auftreten des neuartigen Virus.
Taiwan ist schon früher alarmiert.
Dort wird man aufmerksam auf Warnungen von Li Wenliang, einem Augenarzt aus Wuhan.
Der Inselstaat ist auf Druck Chinas weder Mitglied der UN noch der WHO.
Während in Taiwan ab dem 31. Dezember 2019 schon erste Schutzmaßnahmen ergriffen werden, bezieht die WHO noch nicht offiziell Stellung.
Sechs Tage nach Meldung des Seuchenausbruchs in China gibt es eine Presseerklärung der WHO:
In Taiwan hält man die Gefahr einer Ansteckung durch das neue Virus dagegen für sehr wahrscheinlich, da die Infizierten in Wuhan isoliert wurden.
Bei der WHO herrscht Unklarheit über das Virus.
Zunächst meldet die WHO auf Twitter, dass chinesische Experten immer noch keine klaren Hinweise auf eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gefunden hätten.
Später am selben Tag räumt die WHO in einer Pressekonferenz ein:
Die WHO bestätigt die Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Virus.
Unter der Leitung des Generaldirektors Tedros Adhanom Ghebreyesus kommt ein Notfallkomitee der WHO zusammen.
Es geht um die Entscheidung, ob der „internationale Gesundheits-
notstand“ ausgerufen werden soll.
Das ist die höchste Alarmstufe, die die WHO ausrufen kann.
Bei der Abstimmung des Komitees kommt es zu einem Patt. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus muss entscheiden – und zögert.
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Der WHO-Generaldirektor trifft sich in der chinesischen Hauptstadt Peking mit Staatspräsident Xi Jinping.
An diesem Tag gibt es bereits 2.800 Infektionen weltweit.
Bei seiner Rückkehr nach Genf lobt Tedros China ausdrücklich.
Wieso tat Tedros das?
Die WHO stand selbst unter enormen Druck von China, die Chinesen für keine ihre Handlungen zu kritisieren.
Aggressive Kritik an China hätte dazu führen können, dass die notwendige internationale Zusammenarbeit für die Bekämpfung des Virus erschwert würde.
Seit seiner Wahl zum Generaldirektor der WHO im Mai 2017 gilt Tedros manchen als Chinas Wunschkandidat für den Posten.
Tedros war vor seiner Wahl Gesundheits- und Außenminister Äthiopiens. Eines Landes, das von China wirtschaftlich abhängig ist.
Unmittelbar nach Tedros Rückkehr aus China wird schließlich der internationale Gesundheitsnotstand ausgerufen.
War Tedros Reise nach China der Preis dafür, endlich mehr Informationen über das Virus zu erhalten und WHO-Experten nach China senden zu dürfen?
Die WHO erklärt COVID-19
zur Pandemie.
Erst jetzt erlassen die meisten Mitgliedstaaten unterschiedlich starke Kontaktsperren. Mitte März – zehn Wochen nach der ersten Meldung an die WHO.
In einem Brief droht US-Präsident Trump den Austritt aus der WHO an.
Er findet, die WHO habe den Umgang mit der Corona-Krise „wirklich vermasselt“. Außerdem sei sie China gegenüber zu freundlich.
Seit der WHO-Gründung 1948 waren die USA der wichtigste Stützpfeiler – politisch und finanziell.
Das Budget der WHO ergibt sich zu weniger als einem Viertel aus festen Mitgliedsbeiträgen und zum Großteil aus Spenden.
2018/19 beliefen sich die Spenden der USA laut der WHO auf mehr als 656 Millionen Dollar.
Zum Vergleich:
China kam auf über 10 Millionen Dollar.
WHO-Spendenbeteiligung:
(in US-Dollar)
Die USA beenden ihre Zusammenarbeit
mit der WHO.
Die USA haben ihren Austritt aus der WHO am 8. Juli 2020 offiziell gemacht. Der Austritt solle demnach am 6. Juli 2021 in Kraft treten. Die Pandemie hat Unzulänglichkeiten des Systems WHO aufgezeigt.
Wenn es erste Anzeichen einer Epidemie gibt – egal wo auf der Welt – muss die WHO in der Lage sein, schnell warnen und handeln zu können. Ohne diplomatische Rücksichtnahme.
Quellen:
Bundesgesundheitsministerium, WHO,
Twitter@WHO, Twitter @realDonaldTrump,
afp, epd, dpa
Fotos:
ap, reuters
Autorinnen:
Alisa Keil, Renate Wolter
Redaktion:
Karsten Kaminski, Lucas Eiler
Im Auftrag des ZDF:
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