Ein Jahr Corona in Wuhan

Vom Ausbruch des Virus bis zur Rückkehr des Alltags

Bis heute gilt Wuhan als Ursprungsort der Corona-Pandemie. Auch wenn Chinas Regierung dem widerspricht.

Als erste Stadt weltweit wurde Wuhan von der Wucht des Virus getroffen – bis China mit harten Maßnahmen reagierte.

In Wuhan herrscht heute wieder Alltag. Viele Fragen zum Ausbruch sind auch heute noch unbeantwortet und werden derzeit erforscht.

Ein Jahr nach dem Corona-Ausbruch kehren wir zurück an die Orte, an denen alles begann:

Der Ausbruch

Eine Karte von Wuhan, China.
Der Huanan-Fischmarkt verortet sich im Stadtzentrum.
Der Huanan-Fischmarkt ist auf der Karte markiert. Man sieht ein Fischmarkt-Icon und einige Corona-Icons.
Die gleiche Karte mit dem Huanan-Fischmarkt. Von ihm verbreiten sich die Coroanviren über die ganze Stadt.
Die gleiche Karte mit dem Huanan-Fischmarkt. Die Coronaviren haben die ganze Stadt erreicht.

Die ersten bekannten Corona-Fälle konzentrieren sich um den Huanan-Fischmarkt im Zentrum Wuhans.

Im Dezember 2019 berichten Ärzt*innen, dass Patient*innen mit Lungenentzündungen nicht mehr auf herkömmliche Therapien reagieren.

Heute weiß man, dass bereits am 1. Dezember ein Patient in Wuhan mit dem Coronavirus infiziert war.

Aus wenigen Fällen werden Dutzende. Aus Dutzenden werden Tausende, wie aktuelle Modellrechnungen zeigen:

Foto: Der geschlossene Fischmarkt wird desinfiziert. Am 04.01.2020.

Mediziner*innen schlagen Alarm, aber die Öffentlichkeit erfährt nichts von der neuen Krankheit. Kritiker*innen werden zum Schweigen gebracht.

Erst Tage nach den ersten Warnungen informiert China am 31. Dezember 2019 die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Die Ausbreitung

Karte von Wuhan.
Ein Krankenhaus zeichnet sich im Zentrum der Stadt ein. Es ist das Red Cross Central Hospital von Wuhan.
Weitere Krankenhaus-Icons tauchen über die Stadt verteilt auf.
Die Krankenhaus-Icons färben sich rot ein. Der Ausnahmezustand ist erreicht.
Ein Foto eines völlig überfüllten Krankenhausflurs verortet sich am Red Cross Hospital in Wuhan. Das Foto stammt vom 25.01.2020.
Ein Foto von provisorischen Notbetten mit Patient*innen verortet sich am Provisorischen Krankenhaus im Kongresszentrum Wuhan. Das Foto stammt vom 06.02.2020.
Wir sehen die roten Krankenhaus-Icons, die den Ausnahmezustand symbolisieren.
Wir sehen die roten Krankenhaus-Icons, die den Ausnahmezustand symbolisieren.
Ein Foto aus dem Red Cross Hospital vom 24.01.2020 verortet sich auf der Karte. Es zeigt Patient*innen die auf Hockern in einer Reihe im Krankenhausflur sitzen.
Ein Foto des Baus vom Leishenshan Krankenhaus vom 30.01.2020 verortet sich auf der Karte.
Die zwei neuen Krankenhäuser kommen als Icons auf der Karte hinzu.
Es sind die Krankenhäuser als Icons auf der Karte zu sehen.

Anfang Januar 2020 ist die Seuche bereits außer Kontrolle.

In Wuhans Krankenhäusern gibt es nicht genügend Betten. Das Gesundheitssystem ist überfordert: Es fehlen Masken, Tests, Beatmungsgeräte und Hygiene-Standards. Krankenhäuser werden zu Pandemietreibern.

Mein Vater wachte von seiner Oberschenkel-Operation am 22. Januar auf. Sie war eigentlich sehr erfolgreich gewesen. Zwei, drei Tage später bekam er allerdings Fieber. Am 29. Januar erklärte mir der Arzt, dass mein Vater am Coronavirus erkrankt sei.
Zhang Hai, Sohn eines Coronaopfers

Covid-19-Patient wird ins Krankenhaus eingeliefert. 25.01.2020

Spätestens Anfang Januar 2020 sind Ärzt*innen in Wuhan überzeugt, dass es sich um ein neuartiges SARS-Virus handelt.

Aber erst am 20. Januar räumt Chinas Chef-Epidemiologe die Mensch-zu-Mensch-Übertragung ein, obwohl Kritiker*innen schon lange davor gewarnt hatten. Wochen nach den ersten Fällen beginnt China damit, alle Kräfte zu mobilisieren, um die Ausbreitung zu stoppen.

In Wuhan entstehen zwei neue Krankenhäuser in nur zehn Tagen. 20.000 Ärzt*innen, Pfleger*innen und Krankenschwestern aus ganz China eilen Wuhan zur Hilfe.

Transport einer Person, die an Covid-19 verstarb. 16.02.2020

Ende Januar gibt es nach offiziellen Angaben 2.744 Fälle und 81 Tote in Wuhan.

Der Lockdown

Wir sehen wieder die Karte von Wuhan.
Am Rand der Stadt tauchen Abriegelungssymbole auf. Wuhan wird abgeriegelt.
Am Rand der Stadt tauchen Abriegelungssymbole auf. Wuhan wird abgeriegelt.
In der Stadt verortet sich ein Foto am Grand Theatre in Wuhan vom 02.04.2020. Es zeigt Personal in Schutzanzügen, welches die Bühne desinfiziert.
Am Rand der Stadt tauchen Abriegelungssymbole auf. Wuhan wird abgeriegelt.
Am Rand der Stadt tauchen Abriegelungssymbole auf. Wuhan wird abgeriegelt.

Leere Straße in Stadtzentrum von Wuhan

Am 23. Januar 2020 wird Wuhan vollständig abgeriegelt. Einwohner*innen müssen in ihren Wohnungen bleiben.

Seuchenschützer*innen überprüfen jeden Haushalt. Kranke werden in Massenunterkünfte gebracht. China erklärt den Kampf gegen das Virus zum Volkskrieg.

Medizinisches Personal verlässt Wuhan nach Aufhebung der Sperre. 08.04.2020

Mit allen Mitteln soll die Ausbreitung verhindert werden. 76 Tage ist die Stadt von der Außenwelt abgeriegelt. Bis zum 8. April 2020 gibt es offiziell 50.333 Infizierte und 3.869 Corona-Tote.

Die Propaganda

Die leere Karte von Wuhan.
Das Parlor Convention Center verortet sich im Zentrum der Stadt.
Das Parlor Convention Center im Zentrum der Stadt Wuhan.
Das Parlor Convention Center im Zentrum der Stadt Wuhan.
Das Parlor Convention Center im Zentrum der Stadt Wuhan.
Das Parlor Convention Center im Zentrum der Stadt Wuhan.
Das Parlor Convention Center im Zentrum der Stadt Wuhan.

Während sich das Coronavirus im Rest der Welt ausbreitet, erklärt China den Sieg über die Seuche und betitelt Wuhan zur Stadt der Helden.

Kongresszentrum in Wuhan. 23.01.2021

In einer großen Ausstellung im Kongresszentrum ehrt Wuhan die chinesische Staatsführung und die medizinischen Helfer*innen. Hier wird deutlich: In der großen Geschichte vom Sieg des Volkes ist kein Platz für Kritik und kein Platz für Opfer.

Wuhan wird nicht als Seuchenherd dargestellt, sondern als Paradebeispiel chinesischer Pandemiebekämpfung.

Das wird in der Ausstellung gezeigt:

Der chinesiche Präsident Xi als Held nationaler Anstrengung. 31.12.2020

Ärzt*innen als Märtyrer*innen. 29.12.2020

Krankenhauspfleger*innen als Idol chinesischer Gemeinschaft.29.12.2020

Wuhan wurde im Lockdown stigmatisiert. Die Ausstellung macht ihn zur Quelle von Stolz und Heldentum.

Rückkehr zum Alltag

Die leere Karte von Wuhan.
Die Jianghan Road, eine Einkaufsstraße im Zentrum, verortet sich.
Die Jianghan Road, eine Einkaufsstraße im Zentrum ist auf der Karte markiert.
Die Jianghan Road, eine Einkaufsstraße im Zentrum ist auf der Karte markiert.
Die Jianghan Road, eine Einkaufsstraße im Zentrum ist auf der Karte markiert.

Feierstimmung und Normalität an Neujahr | 01.01.2021

In Wuhan herrscht heute wieder verhaltener Alltag, was in Europas Städten undenkbar ist. Konzerte finden statt, in Bars können sich Menschen auch wieder ohne Masken treffen. Es wird wieder getanzt und die Einkaufsstraßen sind gefüllt.

Doch die Pandemie hat Spuren hinterlassen:

Einsatz von Wärmesensoren im Alltag. 20.11.2020

Wärmesensoren kontrollieren überall die Körpertemperatur. Masken bleiben Teil des neuen Alltags. Die Wunden sind längst nicht verheilt.

Die Ermittlung

Leere Karte von Wuhan.
Drei Lupen deuten die Investigationen der WHO-Delegation im Zentrum der Stadt an.
Drei Lupen deuten die Investigationen der WHO-Delegation im Zentrum der Stadt an.
Ein Foto verortet sich am Fischmarkt. Darauf kommt die Delegation in Autos an. 31.01.2021
Drei Lupen deuten die Investigationen der WHO-Delegation im Zentrum der Stadt an.
Drei Lupen deuten die Investigationen der WHO-Delegation im Zentrum der Stadt an.
Drei Lupen deuten die Investigationen der WHO-Delegation im Zentrum der Stadt an.

Lange hat China die Mission der WHO verhindert. Erst ein Jahr nach dem Ausbruch, am 14. Januar 2021, kann eine Delegation internationaler Wissenschaftler*innen mit ihrer Untersuchung über den Ursprung der Pandemie beginnen.

Fragen der Delegation:

Woher kommt das Coronavirus?
• Welcher Wirt hat das Virus auf
Menschen übertragen?
Wann und wo sind die ersten
Ansteckungen aufgetreten?

Zwölf Tage nach Beginn der Untersuchung präsentiert die WHO-Delegation gemeinsam mit chinesischen Kolleg*innen ihren ersten Zwischenbericht:

Fledermäuse könnten das Virus direkt auf Menschen übertragen haben.

• Wahrscheinlicher sei aber, dass das Virus von einer Fledermaus über einen Zwischenwirt auf Menschen übergesprungen sei.

• Chinesische Wissenschaftler*innen vermuten außerdem, dass Virus könnte auf Tiefkühlware nach Wuhan gelangt sein.

• Die Vermutung, das Virus sei aus einem Hochsicherheitslabor entsprungen, wird von der WHO nicht weiter verfolgt.

Nach Aussage der WHO gebe es keine eindeutigen Beweise, dass Wuhan der Ursprungsort der Pandemie sei. Kritiker*innen hingegen fordern, die Erkenntnisse chinesischer Forscher*innen dürften nicht länger unter Verschluss bleiben.

Sicherheitsperson weist Journlistenvom Institut für Virologie zurück. 03.02.2021

Die WHO will ihre Suche auf eine größere Region in Südostasien ausdehnen. Es bleiben Zweifel, ob die Wahrheit über den Ausbruch der Pandemie so bald ans Licht kommen wird.

Quellen:
Lancet; New York Times; BBC; Huang C., et al. (2020). Clinical features of patients infected with 2019 novel coronavirus in Wuhan, China; Northeastern University, USA; Aljazeera, Johns Hopkins University; Prof. Lauren Gardner, Johns Hopkins University; Prof. Trevor Bedford, Hutchinson Center and University of Washington

Fotos:
reuters/stringer; reuters/Thomas Peter; reuters/china daily; reuters/china daily cdic; reuters/Ali Song; reuters/Tingshu Wang; action press/south china morning post; afp/Hector Retamal; ap; ap/ Xiao Yijiu; epa/Efe, Roman Pilipey; ap/Ng Han Guan; dpa/ Ng Han Guan; epa/ Roman Pilipey,epa-efe,shutterstock; maurititus images/Alamy, Henry, Bob;ddp images/Kyodo; laif/ xiao yijiu xinhua / eyevine / la; polaris/laif

Autor:
Alexander Glodzinski

Redaktion:
Jennifer Werner, Karsten Kaminski

Im Auftrag des ZDF:
Redaktion:
Ella Böhm

Design:
Jens Albrecht, Josephine Gudakow